Im Jahre 1640 geboren sollte der 30 jährige Krieg „nur“ noch 8 Jahre dauern. Sein Geburtsort Wendelsdorf nordwestlich von Schwerin liegt im Zentrum des Krieges. Der Landstrich Mecklenburg trug
eine Hauptlast der Zerstörung. Das er dort geboren wurde ist schon ein Rätsel, das er es überlebte ist wahrscheinlich reiner Zufall. Gerade die schutzlose Landbevölkerung trug schwer an den
Morden, Plünderungen und Verwüstungen der Truppen. Angehörige des Adels wurden davon nicht ausgenommen. Die Bevölkerung schrumpfte von rund 300.000 auf etwa 50.000 Einwohner.
Die wichtigste Quelle zur Darstellung seines Lebenslaufes liefert seine Leichenpredigt, leider habe ich sie nicht in Original aber eine Zusammenfassung dieser gefunden [25]. Eine Abschrift dieser
wird nun in vier Teile zerlegt und mit Bemerkungen gefüllt.
Erster Teil: Leichenpredigt Jugend
Am 27.März 1640 wurde er auf Wendelstorff geboren. Seine Eltern waren Joachim Friedrich von Halberstadt und Catharina von Lepel. Von beiden unmittelbaren Vorfahren zur wahren Gottesfurcht
angehalten, wurde er von bestellten Präzeptoren unterrichtet.
Im 9.Lebensjahr verlor er seine Mutter und sein Vater gab ihn daher zu seiner Schwester, der verheirateten Dechantin von Capellen. Bei ihr wurde er mit deren Kindern durch neue Informatoren
erzogen.
Anschließend ging er für anderthalb Jahre als Page zur Fürstin von Dannenberg.
Als seine Dienstherrin bald darauf starb, nahm ihn Fürstin Maria Catharina erneut als Page an, nachdem sein Bruder Christoph Adam, der bei ihr als Hofmeister arbeitete, sich für ihn
eingesetzt hatte. Die Fürstin nahm ihn mit nach Halle in Sachsen und brachte ihn als Page des sächsischen Herzogs August unter.
Anmerkungen zum ersten Teil:
Die Quellen sind sich hier ein wenig uneins, in weiteren Quellen wird nicht Catharina von Lepel sondern Metta von Sperling als Mutter angegeben. Der Bericht vom frühen Tod (ca 1649) der Mutter
kann aus den anderen genealogischen Daten nicht wirklich nachvollzogen werden.
Die jüngere Schwester des Vaters, zu der er geschickt wurde war Elisabeth Magdalena, die einen Fritz Dietrich von Capellen ehelichte. Dieser wird mit dem Zusatz aus dem Hause Mankmuss und
Lässlich betitelt und als Canonicus, (Stiftsherr oder Domherr) in Havelberg und Lübeck vermerkt [26], die Schwester wird in der obigen Leichenpredigt aber als Dechantin angesprochen. In dieses
höhere Kirchenamt eines Dekans in Havelberg ist ihr Ehemann allerdings erst 1668 gewählt worden [27]. Der Aufenthaltsort des Jungen in den Jahren um 1649 wird in Havelberg oder auch Lübeck
gewesen sein und eher nicht auf den Gütern in der Brandenburger Elbtalaue. Als Präzeptoren oder Informatoren wurden Hauslehrer bezeichnet.
Bei der in der Leichenpredigt genannten Fürstin von Danneberg handelt es sich um die zweite Frau des Julius Ernst von Braunschweig-Dannenberg, eine Sybille von Braunschweig-Lüneburg (3. Juni
1584–5. August 1652) Die Heirat mit ihr fand im Jahre 1616 statt [28].
Bei ihr war J.F.v.H. also 1 ½ Jahre lang bis 1652 angestellt. Da war er gerade mal 12 Jahre alt. Danneberg war ein Ort an der Elbmündung. 1608 brannte die Stadt lichterloh, sie wird also 1650
noch wenig in Blüte gestanden haben, das Schloss kann man auf einem Stich von Matthäus Merian aus dem Jahre 1645 [29] bewundern. (Grabow wird an einer Quelle als Aufenthaltsort des J.F.v.H.
angegeben, dies wird aber nicht richtig sein). Die Fürstin starb 1652 in Heringen auf Besuch bei ihrer Schwester Clara, die sich dort als Witwe eine eigene Residenz aufgebaut hatte [30].
Die in der Leichenpredigt folgende Dienstherrin Maria Katharina von Braunschweig-Lüneburg-Dannenberg (siehe Bild), war die Stieftochter der oben genannten Fürstin Sybille, ein Kind aus erster Ehe
des Julis Ernst von Braunschweig
(geb. in Strelitz, 1616 - gest. in Grabow 1665, beerdigt in Grabow Schlosskirche, 1725 verlegt nach Schwerin in die Gruft unter der Nicolaikirche). Seit 1636 wurde sie mit Herzogin von
Mecklenburg-Schwerin angesprochen und nimmt den J.F.v.H. als Page, aber nur kurz.
Seit 1639 war auch schon der Halbbruder Adam von Halberstadt einige Jahre in ihrem Dienst [31]. Der ältere Bruder, mit einer in seiner Leichenpredigt erzählten durchaus abenteuerlichen
Lebensgeschichte, verbürgt sich für ihn. Wie oben schon kurz angedeutet verbindet die Familie von Halberstadt eine lange Tradition mit dem Hof von Schwerin, so auch hier.
Maria Katharina von Braunschweig war nun selbst die Mutter der Anna Maria von Mecklenburg (1627–1669) (siehe Bild) welche wiederum 1647 den Herzog August von Sachsen-Weißenfels (1614–1680)
heiratete. Die Höfe von Halle und Schwerin hatten über diese Ehe eine starke Verbindung.
Maria Katharina von Braunschweig (1616-1665)
Anna Maria Dorothea von Mecklenburg-Schwerin (1627-1669)
August von Sachsen Weißenfels (1614-1680)
Die Mutter vermittelte den Pagen J.F.v.H. nun an den Hof des Schwiegersohns, den Administrator August v. Sachsen-Weißenfels nach Halle.
Mit seiner Aufnahme als Page in Halle nach 1652 beginnt für den Jungen eine ordentliche Karriere. August von Sachsen-Weißenfels wird bis zu dessen Tod 1680 sein Dienstherr bleiben. Die Historie
dieses Mannes wird in einem folgendem Kapitel erzählt.
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b) [Public domain], via Wikimedia Commons" https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Anna_Maria_of_Mecklenburg-Schwerin_-_2.jpg (07.2019)
c) [Public domain], via Wikimedia Commons" https://commons.wikimedia.org/wiki/File:August,_Herzog_von_Sachsen-Wei%C3%9Fenfels_a.jpg (07.2019)
Zweiter Teil: Leichenpredigt Ehefrau
Hier avancierte er bald zum Hofjunker, dann zum Kammerjunker und Kornet bei der fürstlichen Garde.
1661 verliebte er sich in Catharina Maria von Sperling. Aber erst am 10.Juni 1668 heiratete das Paar auf Gut Wedendorf, dem Besitz des August von Bülow in Mecklenburg, welcher der Bruder der
Brautmutter und damit sein angeheirateter Onkel war. Der Vater der Braut war Johann von Sperling auf Ketz und Schlagstorff.
Dritter Teil: Leichenpredigt Kinder
Die glückliche Ehe brachte zusammen zehn Kinder hervor, darunter vier Söhne.
Die beiden ältesten Söhne waren in Halle zwar früh gestorben, der dritte Sohn Johann Christoph aber stand 1693 als Kammerpage bei Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin. Der vierte
Sohn Hartwig Friedrich gehörte als Page dem Hof des Fürsten von Schleswig-Holstein-Gottorf an.
Eine Tochter Catharina Sophia war 1693 Hofjungfer bei der Herzoginwitwe in Schwerin.
Anmerkungen zum dritten Teil:
In der Leichenpredigt werden nur wenige Kinder und ganz besonders die Söhne hervorgehoben. Die weiteren Kinder sind im folgendem Bild zusammengestellt, darunter sind auch die Namen der beiden Jungs auf der Grabplatte zu finden.
Im Vergleich mit den genealogischen Daten sind auch hier ein paar Ungereimtheiten festzustellen. So werden in der Leichenpredigt nur 10 Kinder angegeben. Die Quellen geben 11 Kinder an. Die
Angaben zu August Friedrich sind identisch, dagegen wird der auf der Grabplatte genannte Alexander Dietrich in den Quellen Alexander Friedrich genannt. Auch dessen Lebensdaten sind mit vom 12.
bis 21. Jan. 1678 auf der Grabplatte und dagegen aus den Quellen ca. 1675 nicht ganz gleich. Ich vermute dass die Grabplatte näher an der Wahrheit liegt. In der Predigt werden auch nur zwei in
Halle früh verstorbene Jungs angegeben. So liegt es nahe das das dritte Kind auf der Grabplatte ein Mädchen war. Solche "Aussparrungen" sind aber nicht ungewöhnlich zuzeiten des barocken
Patriarchats.
Beim dritten „abgebrochenen“ Kind kann es sich um das Mädchen Auguste Christine handeln. In den Quellen steht sie mehr am Ende der Liste, weil die Daten fehlen sortiert sie die Internet-Plattform
einfach dorthin. Mindestens der erhaltene Vorname auf der Grabplatte stimmt mit den Quellen überein. In weiterer klärender Recherche wird wohl eine Suche in den Kirchenbüchern des Ortes Neumark
nötig sein.
Die „lebenden“ Söhne Johann Christoph, Hartwig Friedrich (Heinrich) und Friedrich Wilhelm beschreiten den Lebensweg des Vaters. Sie werden Pagen an den Höfen von Fürsten. Johann Christoph
Kammerpage bei Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin und Hartwig Friedrich gehörte als Page dem Hof des Fürsten von Schleswig-Holstein-Gottorf an.
Die Tochter Catharina Sophia wird 1693 Hofjungfer bei der Herzoginwitwe in Schwerin. Nach Wikipedia lebte Magdalena Sibylla ab 1695, dem Todesjahr ihres Ehemanns bis 1719 auf ihrem kleinen Hof in
Güstrow. Wie erinnern uns, auch schon die Tante Catharina Dorothea von Mecklenburg war bis 1665 und vorher auch deren Mutter im Dienst dieses Herzogenpaars [36]. Und der Onkel, Adam von
Halberstadt war bis zu seinem Tode 1661 bei ihr, ebenfalls mit einer von Sperling verheiratet und zum Amtshauptmann von Grabow und Eldena aufgestiegen.
Catharina heiratet 1697 als zweite Frau den August Christian von Resttorf [37]. Jener hatte als erste Ehefrau eine von Sperling. Familienbande in schon recht spannender Enge. Ein Kind, August
Christian wird 1700 geboren.
Die ältere Schwester Dorothea Elisabeth geb. 1671 heiratet über die Jahreswende 1706–1707 einen Helmold XI von Rohr, Herr auf Penzlin und Gerdshagen. Ein Kind Melchior Christoph geb. 17.11.1707
ist bekannt. Sie stirbt am 26.03.1748 in Schilde [38].
Als Sterbeort der jüngeren Geschwister wird Groß Eixen (heute Groß Eichsen) angegeben, einem Ort östlich von Schwerin und ein Nachbardorf von Wendelstorf dem Stammsitz des Vaters.
Spuren:
In einem Standardwerk ist ein Kleinkunstwerk beschrieben welches uns auf die Spur diese kleinen Ortes bringt. Aus dem Inventar der Kirche wird eine in Messing getriebene Taufschale mit einfachen Randverzierungen und einer Inschrift beschrieben. ELSE : TRIN : Halverstat anno 1670 [39]
Wendelstorf hatte keine eigene Kirche, war eingepfart mit Groß Eixen. Die Taufschale wurde der ersten Tochter gewidmet, Ilsabe Katarina, die Vornamen nach den Großmüttern mütterlicherseits
gewählt, in Wendelstorf geboren in das Kirchenbuch von Groß Eixen eingetragen. In Groß Eixen werden auch die Gräber der von Halberstadt zu finden sein. Die Kirche in Groß Eichsen wurde im 16.
Jahrhundert auch als Münster zu Groß Eixen bezeichnet. Sie war lange Zeit dem Johanniterorden zugehörig und eine durchaus größere Dorfkirche. Ein eingetragener Verein hat sie aus ihrem Verfall
gerettet [40].
Die nicht verheirateten Töchter des J.F.v.H gingen mit ihm später zurück auf ihr Gut. Finden sich Spuren eines solchen Gutes ?
Vierter Teil: Leichenpredigt Karriere
Doch zurück zu ihrem Vater. Der Junker, der nun im Dienste des Bischofs des Erzstiftes Magdeburg stand, machte noch eine vortreffliche Karriere. Der Bischof ernannte ihn zu seinem Oberschenk, gab ihm die Amtshauptmannschaft zu Rotenburg und eine Leutnantscharge bei der Garde. Als der Bischof verstorben war, ging er in die Dienste Herzog Johann Adolphs von Sachsen, der ihm die Hauptmannschaft von Oberfurt verlieh. Da dort die Pest wütete, wollte er seinen Abschied nehmen, der ihm aber erst nach längeren Verhandlungen genehmigt wurde. Erst 1681 kehrte er nach Mecklenburg zurück und begab sich auf sein Erbgut Wendelstorff. Er war von allgemein guter Konstitution, klagte nur selten über eine Unpäßlichkeit, doch wurde er im September 1692 bettlägerig und starb schließlich gegen 10 Uhr vormittags am 27.Dezember 1692. Seine Beisetzung erfolgte in der Kirche von Großen-Eichsen; man schrieb den 16.Februar 1693.
Anmerkungen zum vierten Teil:
Eine von Roswitha Jacobson und Mitarbeiterin [50] erstellte zeitliche Abfolge seiner beruflichen Kariere wird in der Predigt eher nicht eingehalten. Dort kommt es ja auch auf die Ehrung des
Verstobenen und weniger auf Genauigkeit an.
Um den weiteren Lebensweg des J.F.v.H. zu beschreiben ist es zielführender sich an die Fakten zu halten. Zur besseren Übersicht also hier erst einmal der besagte Lebenslauf. Die Autorin hat sich
hierzu durch die Regale der Archive gearbeitet [51]. Den ersten Teil der Liste haben wir schon besprochen. Neu wird es ab dem Jahre 1672.
Die Lebensdaten des J.F.v.H.
Kammerjunker
Die Aufgaben eines Kammerjunkers waren wohl vielfältiger Natur. Seine Dienststelle, der Hofstaat des Herzogs war mit Kammerdienern, Handwerkern, Leibarzt, Hofprediger bis Kammerjunker und
Hofmarschälle usw. ca. 200 bis 300 Personen groß. Um einen kurzen Eindruck solchen Hoflebens zu bekommen soll an dieser Stelle ein Jahr Hoftreiben aus den Hallygraphen einem Schriftstück des
Zeitzeugen Johann Olearius herausgeschrieben werden [52].
10.06 Vogelschießen samt Hofstaat
04.07 Geburtstag der fürstliche Gemahlin mit Aufzügen, Ballett und Feuerwerk in Werder bei der Stein Mühle, 26.09 die Fürstensöhne kommen nach 3 monatlicher Reise zurück nach Halle
18.10 wird die neue Domorgel zur ersten Probe gespielt
21.11 Reise nach Berlin zum Begräbnis der verstorbenen churfürstlichen brandenburgischer Gemahlin mit ganzer Familie
02.03 wurde die königliche Münze eingerichtet
bis 06.06 in Carls Bade zur Kur
Ob J.F.v.H. bei jeder dieser Feiern und Reisen teilnahm oder teilnehmen musste ist nur zu vermuten. Als Kammerjunker saß er am Tisch des Herzogs. Er wird all diese Begebenheiten zumindest indirekt erlebt haben. Anderseits waren da auch Auftritte für den Dienstherrn die er allein ausführte.
So stellt er sich am 30.09.1670 bei Friedrich I. von Sachsen-Gotha und Altenburg in dessen Residenz vor [53]. Er war ganz sicher ohne seinen Herzog dort, in der Hallygraphie gibt es keinen
Hinweis auf eine Reise des Hofes zum Bruder nach Gotha. Ob er nur einen Brief oder eine Botschaft brachte, ob er ein Gespräch führte und es zu Absprachen kam - wir können es nur vermuten.
Eine zweite Begegnung mit dem Bruder des Herzogs Friedrich I. von Sachsen – Gotha und Altenburg ist ebenfalls in dem Tagebuch beschrieben. Am 04.10.1674 (siehe Abbildung) fährt dieser nach Freyburg in das Jagdquartier des Hz. August. An der Fähre über die Unstrut empfingen ihn die weißenfelsischen Kavaliere J.F.v.H und Urban Heinrich v. Feilitzsch. Es wurde gejagt und am Abend die „Gehörne des geschossenen Wildes vorgetragen“.
Ein dritter Nachgewiesener Auftritt des Kammerjunker J.F.v.H. ist kultureller Art [54]. Anlässlich der Hochzeit von Magdalena Sibylla (1648-1681) der ersten Tochter des August von Sachsen Weißenfels wurde ein Ballett unter Beteiligung des Hofes aufgeführt. Solche Aufführungen, auch Opern und Komödien fanden regelmäßig statt und dies auch oft unter Beteiligung des Hofes. An folgendem Beispiel kann einmal eine Teilnahme des J.F.v.H nachgewiesen werden, es wird bestimmt nicht sein einziger Auftritt gewesen sein.
Die Hochzeit der Tochter mit Friedrich I. von Sachsen-Gotha fand im November 1669 statt und unter vielen Feierlichkeiten wurde ein Stück „Eintracht stärkt Heirath“ aufgeführt. Ein netter Name,
sicherlich als Botschaft gedacht, für die Hochzeit zwischen einem ernestinischen Sachsen und einer albertinischen Sächsin.
Die Namen der beteiligten und auch ihre Rollen sind aufgeführt. Er spielte in einer Gruppe von „Erfrohrenen und Verhungerten“ mit, sozusagen ein Zombie. J.F.v.H. wurde hier auch noch als Cammer
Juncker und Cornet bezeichnet. Er war im Spiel einer unter vielen, tatsächlich spielte der ganze Hof mit, sogar der Herzog.
Fruchtbringende Gesellschaft
In der Leichenpredigt und auch im obigen Lebenslauf fehlt ein Hinweis auf seine Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft im November 1672.
Er hat sich wohl nicht wirklich an den Aufgaben dieser Gesellschaft beteiligt. Deshalb sollen die Umstände des Zeremoniells extra beschrieben werden [siehe unter der Überschrift „Der
Brauchbare“]. Es war für ihn nur eine Episode die zwar beschrieben ist, aber in seinem Lebenslauf keine Rolle spielte.
vom Kornet zum Leutnant
Als Kornet der Leibgarde wird er schon früh bezeichnet.
Die Leibgarde des Herzogs war eher bescheiden groß, aber als Militär wurde die Person hoch geehrt und stand in unmittelbaren Kontakt mit dem Herzog. Zur Leibgarde gehört ein Obrist
Leutnant oder Hauptmann, Leutnants, Kornets und Korporäle, und einfache Leibgardisten. Kornet ist eine militärische Bezeichnung für einen Fahnenträger.
Die Residenz wurde bewacht, der Herzog musste auf seinen Reisen geschützt werden, Gäste wurden von der Leibgarde empfangen [2].
Die für J.F.v.H in der Predigt verwendete Beschreibung "gab ihm eine Leutnantscharge seiner Garde" klingt dann ein bisschen so als ob er nur die zum Amt gehörende Besoldung bekommt. Auch hier gibt es keine Hinweise auf die Erfüllung der Aufgabe.
Oberschenk
Die Ernennung zum Oberschenken am Hof des Herzogs August von Sachsen Weißenfels erfolgte im Jahre 1675. J.F.v.H. war da 35 Jahre alt, seit 5 Jahren verheiratet, hatte schon 5 Kinder, zwei davon
verstorben. Als sein Vorgänger kann Eustasius von Thümmen (gest. 1696) angenommen werden. Dieser wurde 1667 noch als Oberschenk angesprochen und im Mai 1670 zum Cammerrath erhoben [55].
Die Bedeutung des Amtes Oberschenken ist am Hofe des August nicht zu unterschätzen. Die barocke Hofkultur erreichte unter August eine neue Blüte. Sie ist von ihrem finanziellen Umfang mit dem Hof
in Dresden vergleichbar. Essen und Trinken wurden zu einem ausgefeilten Ritual mit immer neuen Gerichten und kunstvoll hergerichteter Tafel [56]. Diese Tafel zu kontrollieren möglicherweise das
Essen zu prüfen und zu reichen war eine dem Herzog sehr nahe Aufgabe. Es ist aber auch hier nicht belegbar inwieweit der Titel und der dazugehörige Dienst ausgefüllt wurden.
Amtshauptmann
Die Ernennung zum Amtshauptmann in Rotenburg wird in der Leichenpredigt und auf dem Grabstein genannt. Darüber hinaus wird allerdings die Recherche nicht wirklich fündig. Jede Suche endet in
Sackgassen. Orte mit Namen Rotenburg ohne h geschrieben gibt es im sächsisch weißenfelsischen Herzogtum nicht wirklich. Rotenburg in Hessen, Rotenburg in Niedersachsen wären da zu nennen.
Ein Rothenburg an der Saale, südlich von Wettin lag im Herrschaftsbereich des August von Sachsen Weißenfels. Ein Pfarrer schreibt auch eine sehr umfangreiche Chronik und führt die Amtshauptmänner lückenlos auf [57]. Aber es wird in der Liste der von ihm genannten Amtsinhaber kein von Halberstadt genannt. Mit Click auf den Button kann man sich die Namen anschauen, es waren alles Kollegen vom Hofe in Halle, dies würde also passen.
Nach dem Krieg war von diesem Dorf nicht mehr viel übrig, Dreyhaupt beschreibt ein verlassenes Dorf, mit einer hungernden Pfarrerwitwe mit ihren 3 Kindern die sich bei durchziehenden Soldaten in
die Dornhecke verkriechen mussten und einem Müller als einzige Bewohner [58].
1645 wurde das Dorf Rothenburg an einen Christoph Medicke aus der amtsbischhöflichen Kammer zur Pacht gegeben. Dieser begann mit 2 Ochsengespannen einen Acker neu zu bestellen. Schon 1650
übernahm ein Kammerjunker Friedrich Appel von Lüttichau die selbige für 9 Jahre.
Ab dem Jahre 1660 ernannte August von Weißenfels wieder Amtshauptmänner, Rudolph von Ende wird genannt, ab 1668 bis 1678 Hans Christoph von Rauchhaupt.
Die Amtshauptmänner waren als Gerichtsherren tätig, die Ökonomie besorgte ein Amtsverwalter, welcher in Rothenburg ab 1675 Melchior Drechsler hieß. Auch der Dreyhaupt benennt keinen v.H. als
Amtshauptmann in diesem Rothenburg.
Später wird für Rothenburg neben der Domaine ein Betrieb einer Kupferhütte, einer Salpeterraffinerie und von Schiffbau beschrieben. Es hatte also durchaus Potential.
Wohnort
Im Buch "Residenz auf Abruf" [59] wird das höfische Leben in vieler Hinsicht beleuchtet. Zur Wohnsituation der Hofangestellten heißt es dort:
„Zahlreiche Beamte des Hofes erwarben in den angrenzenden Arealen am Domplatz in Halle Stadthäuser. Sie mussten dazu Stadtbürger mit entsprechenden Rechten sein. Das hatte auch rechtliche
Folgen, denn außerhalb des Residenzbezirks unterlag sie nicht mehr der Jurisdiktion des Administrators und zahlten Abgaben an den Rat der Stadt.“
J.F.v.H. tat genau dieses und versuchte sich nach städtischem Recht ein paar Steuern zu sparen. So ist nach 1666 ein Kauf eines Hauses in Neumarkt belegt. Und zwar kauft er es dem Hausvogt und Küchenmeister der Residenz Ernst Megander* ab. Später stellt er einen Antrag auf Befreiung von Steuern, und zwar 70 Pfennigen mit einem Verweis auf Kosten durch Reparaturen und Einquartierungen (August 1678).
Das klingt doch für heutige Ohren sehr vertraut. Ob seinem Antrag positiv entschieden wurde kann nicht mehr gesagt werden. Das er um 70 Pfennige feilschen musste erlaubt einen Einblick in seine
finanzielle Lage. Sie wird eher bescheiden gewesen sein.
Er wohnt also schon vor der Heirat in Neumarkt und bleibt es offenbar auch bis zum Ende der Regierungszeit seines Herzogs. Er wird die Grabplatte seiner drei Kinder auf dem Friedhof auf vielen
Kirchgängen und mit seiner Familie aufgesucht haben.
Bestallung nach dem Tod des Herzogs
Nur wenige Tage nach dem Tod seines Dienstherrn marschieren die Preußen in Halle ein und übernehmen die Regierungsgewalt. Das war so in den Friedensverträgen vereinbart und diese Klausel wurde
von preußischer Seite nicht aus den Augen verloren. Der Hof aus der Residenz Halle zieht nach Weißenfels. Der Sohn Johann Adolph von Sachsen übernimmt.
J.F.v.H scheint ebenfalls noch nach Weißenfels zu gehen, denn 1680 ist er als dessen Obrist-Lieutenant und Kammerherr in Weißenfels bezeugt. Das würde bedeuten das er jetzt die Leibgarde führt,
welche allerdings nur noch wenige Personen umfasste (7?) [60]. Der neue Herzog stattet ihn noch mit der Hauptmannschaft Querfurth aus. Dort wütet aber gerade die Pest und er tritt dieses Amt
nicht mehr an.
Schon 1681 quittiert er seinen Dienst und begibt sich auf sein Gut Wendelsdorf wo er dann, 11 Jahre später, 1692 im nicht betagten Alter von 52 Jahren stirbt. Wahrscheinlich hat er die Töchter
Eleonore Marie und Maria Magdalena mit nach Wendelsdorf genommen. Sie sterben vor ihm und sind im Nachbardorf Groß Eixen begraben.
Mindestens 5 seiner Kinder haben ihn überlebt. Seine Witwe nur um ca. 3 Jahre. Sie stirbt ebenfalls in Wendelsdorf.
Zum Ort wurde oben schon einiges gesagt. Ein Besuch des Ortes und von Groß Eichsen, dessen Kirche und Friedhof steht auf der ToDo Liste. Ein Kontakt zum Verein wird getan werden.
Das Adelsgeschlecht von Halberstadt stirbt im Mannesstamme aus
Der Familienname von Halberstadt wird über einen Sohn Johann Christoph weiter getragen. Im obigen Stammbaum ist die Geschichte des Sohnes Johann Christoph von Halberstadt noch nicht aufgegriffen
worden. Dies soll nun hier erfolgen.
Er heiratet 1673 in Schwerin Anna Elisabeth von Hundt. Die Familie der Ehefrau ist schwer zu recherchieren, das Adlige soll sie sich selbst herangeschrieben haben. Von 1689 bis 1715 werden 10
Kinder geboren und zwar alle in Schwerin. Die Enkelkinder sollen der vollständigkeitshalber noch aufgezählt werden.
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geb. in Schwerin |
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gest. |
Ort |
Christiane Wilhelmine ♀ |
18.09.1698 |
|
21.05.1770 |
Wismar |
Friedrich Wilhelm ♂ |
23.12.1699 |
|
1757 |
Hamburg |
Carl Philipp ♂ |
7.06. 1701 |
|
|
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Ludwig Christopher ♂ |
13.06.1703 |
|
|
|
Sofie Charlotte ♀ |
14.03.1704 |
|
30.10.1728 |
Plön |
Hans Adolf ♂ |
18. 07.1706 |
|
|
|
Georg Christoph ♂ |
7. 07.1707 |
|
1783 |
Wismar |
Johann Christian Hartwig ♂ |
3. 09.1709 |
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Magdalena Augusta Carolina Marie ♀ |
|
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08.11.1715 |
Güstrow |
Carl Leopold ♂ |
22.02.1714 |
|
6. Juli 1771 |
|
Tabelle: Kinder der Ehe Johann Christoph von Halberstadt und Anna Elisabeth von Hundt
Vier Ehen der Enkelkinder sind bekannt, die Herren Georg Christoph und Carl Leopold heiraten, Kinder sind aber nicht nachgewiesen.
In Lexikas wird als der letzte männliche Vertreter der Familie von Halberstadt ein 1707 in Schwerin geborener Georg Christoph von Halberstadt auf Gottesgabe genannt. Dieser starb 1783 in Wismar
und beendete das Geschlecht derer von Halberstadt im Mannesstamm.
Andere Quellen verorten den letzten von Halberstadt mit gleichem Namen in die Linie des Mecklenburgischen Generalmajors und Commandant Bernhard von Halberstadt (1621 Vietlübe – 1692
Schwerin).
Die Schwester Christiane Wilhelmine heiratet einen Joachim Friedrich VON PLESSEN in Groß Brütz, Sofie Charlotte einen Levin Ludwig VON PEDERSTORFF. Nur Sofie Cahrlotte bekommt eine Tochter. Der
Ort Gottesgabe wird zu einem nächsten Lebensort der Ahnen.
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Heirat |
|
Ort |
Ehe |
Christiane Wilhelmine ♀ |
16.05.1720 |
|
Groß Brütz |
Joachim Friedrich von Plessen |
Sofie Charlotte ♀ |
1723 |
|
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Levin Ludwig von Pederstorff |
Georg Christoph ♂ |
07.01.1753 |
|
Wismar |
?? |
Carl Leopold ♂ |
12.02.1744 |
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Gottesgabe |
Sofia Wilhelmina Auguste von Pederstorff |
Tabelle: Hochzeiten der Kinder
Kleine Chronik von Gottesgabe
1614 wurde auf der Flur von Davermoor das Gut Gottesgabe errichtet, dieses war bis 1674 im Besitz der Familien Lüdeke und Hand Cuno von Halberstadt.
Berend Hartwig von Plessen, dessen Ahnen im 12. Jahrhundert als Militärführer Heinrichs des Löwen aus der Gegend von Göttingen nach Mecklenburg kamen, besaß Gottesgabe von 1699 bis 1716.
Danach gehörte es wieder den von Halberstadt.
Spannend ist die ungewöhnliche Dreiecksform des heutigen Gutes, Freimaurersymbolik.
Abbildung: Ausschnitt Grabplatte von Halberstadt, St. Lorenzius, Neumarkt 11.2018